Kapitel 14

 

Das Sommerfest im Tierheim, mein "Baby" und eine Erfolgsgeschichte.

Nie konnte man im Tierheim einen Tag planen oder eine Arbeit zu Ende führen. Jeder Telefonanruf konnte eine Überraschung sein und einen sofortigen Einsatz erfordern. Frau Rethorn und ich waren täglich im Tierheim. Wir waren eng zusammen gewachsen, auch mit dem Personal. Wir schätzten ihren Einsatz, kannten ihre Nöte und auch privaten Sorgen. Es gab auch Unstimmigkeiten- wie in jeder Familie! Aber wir waren ein Team!
Das Tierheim war inzwischen zu einer Einrichtung geworden, ein Ort für viele Menschen, die sich dem Tierschutz verbunden fühlten und die geleistete Arbeit zu schätzen wussten.
Es ist mir gelungen, einen guten Kontakt zu den Giessener Behörden aufzubauen. Von dort erhielten wir viel Hilfe, von der Polizei, von der Berufsfeuerwehr, wechselnden Landräten und Oberbürgermeistern der Stadt Giessen.
Sehr viel für den Tierschutz getan hat der damalige Landrat Rüdiger Veith und Oberbürgermeister Manfred Mutz. Diesen beiden Herren möchte ich später ein Kapitel widmen.
Der letzte Sonntag im August war der große Tag unseres jährlichen Sommerfestes im Tierheim. Ein Tag, den viele Menschen mit uns feiern wollten.
Die Vorbereitungen dauernden Wochen. Es sollte nicht "nur" ein Tag mit den Tieren sondern auch ein Tag für die Tiere sein.
Und es sollte Geld in die Kassen "spülen", um weitere Verbesserungen für die Tiere zu ermöglichen.
Die Giessener Geschäftsleute sowie im Kreisgebiet bestückten unsere große Tombola! Viele Tierfreunde brachten schöne Dinge. Tausend Preise kamen zusammen! Fast jedes Jahr spendierte die Firma Sommerlad den 1. Preis!
Eine Sensation war unsere Sondertombola mit 200 Losen zu 10 Euro pro Stück! Es gab keine Nieten, jedes Los ein Gewinn, wobei der Wert des Preises weit über dem Lospreis lag. Nach einer Viertelstunde hieß es "alle Lose verkauft"! Der Erlös dieser Tombola wurde unserem Patenverein übergeben. Zu damaliger Zeit das Tierheim in Roquetas in Andalusien, Nähe Almeria!
Ein Gönner und Förderer war auch das Giessener Brauhaus.
Als ich Kind war, ca. 1950, war die Brauerei Denninghoff in der Nordanlage ansässig. Dort standen auch die dicken, gemütlichen Kaltblutpferde der Brauerei und der Zwinger der Jagdhunde. Mein Lieblingsspielplatz!
Die "Denninghoffkinder" von damals führten nun die Brauerei und unsere Wege kreuzten sich Jahrzehnte später im Tierschutz wieder!
Jedes Jahr gab es auf dem Sommerfest ein anderes Programm! Ein Highlight war der jährliche Mischlingswettbewerb! Für jeden Tierbesitzer war natürlich der eigene Hund der Schönste. Und auch unserer Jury viel es schwer, eine Auswahl zu treffen.
Durch die Sendung "Herrchen gesucht" hatte ich die damalige, sehr beliebte Moderatorin dieser Sendung, Claudia Ludwig kennen gelernt. Wir mochten uns auf Anhieb, es entstand eine Freundschaft, die bis zum heutigen Tag nicht abgerisssen ist. Sie war die Moderatorin des Mischlingswettbewerbes und das mit aller Inbrunst! Spannend bis zum Schluss fieberten die Menschen dem Sieger entgegen. Gespendete Siegerpokale wurden mit Freude entgegen genommen.
Natürlich wurde auch das leibliche Wohl der vielen Besucher nicht vergessen. Lange Schlangen bildeten sich an der Kuchentheke! Fünfzig leckere Torten und Kuchen gab es zu Auswahl- und es hätten noch mehr sein können. Fleißige Bäckerinnen und Giessener Konditoreien machten die Schlemmerei möglich. Mehrere Kaffeemaschinen waren im Dauereinsatz und das fleißige "Küchenpersonal" hatte alle Hände voll zu tun.
Für die Liebhaber deftiger Speisen gab es Leckereien in großer Auswahl! Besonders die vielseitige Salattheke war ein Genuss. Gegrillt wurde auch- aber vegetarisch! Mein Motto lautete: an diesem Tag für die Tiere kann man nicht für die Haustiere werben und auf der anderen Seite Tiere essen.
Bei meiner Begrüßungsrede habe ich das erklärt! Mir liegt es fern, Menschen zu "bekehren", Vegetarier zu werden. Das ist eine Lebensentscheidung, die jeder für sich selbst treffen muss.
Jedoch an unserem Sommerfest im Tierheim sollte auf Fleisch verzichtet und darüber nachgedacht werden, wieviel Hunderttausende von sog. "Nutztieren" ihr junges Leben genommen wird.
Das haben die Besucher verstanden und sich unsere leckeren Gerichte ohne Fleisch schmecken lassen.
Besonders dann, wenn ein so berühmter Chefkoch aus der Fernsehserie Lindenstrasse hinter der Theke steht.
Ich habe Antonio Paradiso in Heuchelelheim kennen gelernt. Wer in 45 Episoden in der Lindenstrasse als Fauso Rossini kocht, der tut es bestimmt auch auf unserem Sommerfest!
Ich lernte den sympathischen Italiener in Heuchelheim kennen und trug mein Anliegen vor.
Sofort war Antonio einverstanden! Und er hat es super gemacht! Die Besucher waren begeistert von ihm. Ein unkompizierter, lustiger Mensch, der dieses Sommerfest durch seine Anwesenheit bereicherte.
Ich erinnere mich auch noch gut an Peter Orloff. Ich hatte ihn- allen Mut zusammen nehmend- am Flughafen entdeckt und angsprochen. Freundlich wollte er mir ein Autogramm geben. Jetzt oder nie habe ich gedacht und ihn gefragt, ob ich ein "Attentat" auf ihn verüben könnte! Als ich mein Anliegen vortrug und ihn einlud, mit seinem Besuch das Sommerfest im Tierheim zu unterstützen, hat er laut gelacht und zugesagt!
Er war auf den Fest eine Stimmungskanone und war sich nicht zu schae, mit der Sammeldose die Besucher um Spenden zu bitten. Da hat niemand nein gesagt!
Der absolute Hit jedoch waren die Jacob Sisters!
Sie hatten ein Ferienhaus in Roquetas und waren fast Nachbarn unserer Feunde! Auf dem Flug nach Spanien haben wir uns kennen gelernt. Diese lustigen Schwestern kann man vielleicht übersehen- jedoch nicht überhören!
Es kam, wie es kommen musste- nach kurzer Zeit waren wir beim Thema Tierschutz! Sie waren Tierfreundinnen und unterstützen unseren damaligen Patenverein in Roquetas.
Das Sommerfest stand wieder vor der Tür. Die Jacob Sister wären eine Sensation! Was ich nie geglaubt hätte, sie nahmen meine Einladung sofort an!
Das muss ich ausführlich erzählen! Natürlich wurde ihrem Wunsch entsprochen, einen Parkplatz vor dem Eingang des Tierheimes zu reservieren- einen großen Parkplatz! Wir erwarteten sie mit einem "Empfangskomitee"! Mit einem uralten, aber tollen Mercedes, kamen sie hupend an.
Doch mit Einparkhilfe war nichts nach dem Motto; selbst ist die Frau! Die Schwerstern diskutierten laut und jede wollte der Fahrerin "Befehle" geben, wie eingeparkt werden sollte. Es war so viel Platz, doch die Fahrerein zog so stark nach rechts, dass das Auto in Schieflage geriet und die rechten Räder im Abhang standen, die linken auf der Strasse. Das hatte zur Folge, dass die rechten Türen kaum aufgingen.
Als erstes purzelten die Pudel samt Tragetasche aus dem Auto. Das Aussteigen der Damen war ein wenig akrobatisch und wurde lautstark kommentiert.
Nach einigem Hin und Her waren die Pudel wieder auf dem Arm und die Damen eilten ins Tierheim. Eine kurze und herzliche Begrüßung- dann fiel das Wort "HUNGER" ! Die Kuchentheke wurde gestürmt und die Teller gefüllt! Und natürlich erfüllten wir den Wunsch nach Wegzehrung für die Heimfahrt gerne!
Die Besucher konnten gar nicht glauben, dass es die echten Jacob Sister waren. Viele dachten, es seien Double! Als sie jedoch ihre Lieder zum Besten gaben und tanzten, rissen sie die Zuschauen mit! So eine Stimmung konnten sie verbreiten, das man es kaum glauben kann, wenn man es nicht selbst mit erlebt hat. Sie waren ein Orginal, einmalig und einzigartig!
Amüsant war, dass sie sich herrlich streiten konnten und dies auch eifrig taten. Jede der Schwestern hatte eine eigene Meinung und vertrat diese lautstark. Sie konnten bezaubernd durcheinander reden- und das mit ihrem herrlichen, sächsischen Dialekt! Dynamisch waren die kleinen Damen, Wirbelwinde und mit riesigem Selbtbewusstsein. Ich habe sie sehr gemocht und bedauere es sehr dass es sie nicht mehr gibt.
Die Massen der Tierfeunde, die an diesem Tag das Tierheim besuchten, gingen abends zufrieden nach Hause. Viele mussten noch lange laufen, denn die parkenden Autos standen bis zu einem Kilometer Richtung Trohe oder weit den Feldweg entlang!
Diese Sommerfeste sind für immer in meinem Gedächtnis und ich bin ein bißchen stolz, dass meine Idee in einem Tierheim zu feiern Nachahmer gefunden hat und hoffe, dass dieses Stück Tierschutztradition noch lange besteht.

 

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