Kapitel 25

Der teuerste Hund, der jemals in einem Tierheim war!

Eines Tages erschien ein ungehobelter, grober Mann im Tierheim. Hinter sich her zog er einen Hund. Einen Strick um den Hals, schleifte er den am Bauch liegenden Hund hinter sich her.
Ich sprach ihn an und forderte ihn energisch auf, diese Behandlung zu unterlassen. Zu hören bekam ich unhöfliche Worte. Ich solle froh sein, dass er das Vieh ins Tierheim bringt und nicht erschlagen hat. Dieser unnütze Krüppel ist ihr Futter nicht wert. Aus Gutmütigkeit habe er sie von der Kette gelassen und aus Dankbarkeit reißt sie ein Huhn. Die Tracht Prügel vergißt sie nicht. Zwei Tage kein Futter und kein Wasser und mit einem Tritt in die Hütte befördert- das sei eine viel zu geringe Strafe.
So ein armes Tier, dachte ich. Was sie wohl schon erlebt haben muss mit so einem Herren.
Erst einmal den Hund in Sicherheit bringen, dachte ich mir- und dann würde ich diesem Typen meine Meinung sagen. Verängstigt schnappte die Hündin um sich, als ich sie auf den Arm nehmen wollte. Sie wollte sich nicht bewegen. Irgendwie schaffte ich es, das Hundemädchen in den Zwinger zu bringen.
Ich musste mich sehr zusammen nehmen, als ich vor diesem Ekelpaket stand. "Ladylike" waren meine Worte nicht- doch diese prallten an dem Widerling ab und er quittierte sie mit einem höhnischen Gelächter.
Der Kerl war nicht bereit, mir eine Übereignung für den Hund zu unterschreiben. Anonym gekommen, ging er anonym aus dem Tierheim heraus. So schnell brauste er mit seinem Auto davon, dass wir kein Nummernschild aufschreiben konnten. Eine Anzeige wegen Tierqulärei war somit nicht möglich.
Wir tauften das zitternde Bündel Hund auf den Namen Putzi, obwohl sie nicht putzig aussah. Sie war unnahbar, mürrisch und ängstlich zugleich. Jeden Annäherungsversuch beantwortete sie mit Knurren und Zähne fletschen. Es hat lange gedauert, bis der Bann so weit gebrochen war, dass ich Putzi ein Halsband und eine Leine anlegen konnte.
Nach Tagen war sie bereit, mit mir den Zwinger zu verlassen. Sie kroch am Bauch und robbte mehr als dass sie lief. Langsam, sehr langsam taute sie auf, nahm ihre Umgebung war und fing an zu wedeln. Zu anderen Hunden war sie freundlich uns suchte deren Nähe.
So zog sie mit ins Seniorenzimmer ein, obwohl sie noch ein "Jungspund" war.
Was ich nie gedacht hätte, sie ging eines Tages mit mir spazieren. Es war sichelich der erste Spaziergang in ihrem Leben. Sie zog die Gerüche förmlich auf, wälzte sich im Gras und hüpfte wie ein Welpe. Endlich gewann Putzi Lebensfreude. Es dauerte nicht lange und sie konnte ohne Leine spazieren gehen. Sie rannte übermütig mit den anderen Hund durch die Wiesen und konnte springen wie ein Kängeruh! Sie hörte aufs Wort und passte auf, mich nicht zu verlieren. Schnell war uns klar, sie ist der nächste Hund, den wir liebevoll lebendes Inventar nannten.
An Vermittlung war nicht zu denken. Fremde Menschen würde sie beißen, während der Besuchszeit musste sie immer sicher verwahrt werden.
So freundlich sie mit Hunden war, so garstig war sie mit Katzen. Sie konnte stundenlang vor dem Katzengehege sitzen und hechelnd die Miezen beobachten. Keine Frage- ihre Aufregung war keine Freude.
Wie gerne hätte ich Putzi adoptiert und ihr ein Zuhause gegeben. Doch ich hatte zwei Katzen, die Hunde gewöhnt waren. Sie hatten keine Angst vor Hunden und wären ein schnelles Opfer geworden.
Ich besprach mit Frau Rethorn, ob sie eine Möglichkeit sieht, Putzi bei uns zu intergrieren. "Wir sedieren sie. Wenn sie bei Ihnen aufwacht, wird sie die Katzen akzeptieren"- so Frau Rethorn. Also bekam Putzi eine Betäubungsspritze und ich fuhr mit ihr nach Hause. Schnarchend lag sie im Körbchen- neugierig berochen von Stumpi und Jessica, meinen beiden Katzen. Selbst in diesem Zustand knurrte sie, obwohl sie kaum den Kopf heben konnte.
Meine Skepsis wurde traurige Wahrheit. Taumelnd hüpfte sie aus dem Korb und hinter meinen verdutzten Katzen her. Diese rannten die Innentreppe hoch und versteckten sich im Wohnzimmer. Putzi wollte hinterher in ihrem noch benebelten Zustand. Sie fiel die Treppe herunter,m rappelte sich wieder auf und startete einen neuen Versuch.
Traurig musste ich einsehenm, dass Putzi nicht bleiben konnte. Ich fuhr sie zurück ins Tierheim. Hier war ihr Zuhause, wo sie sich wohl fühlte und viel Abwechslung im Tagesablauf hatte.
Den ersten Menschen, den sie trotz aller Vorsicht erwischte und der Bekanntschaft mit ihren Zähnen machte, war mein armer Mann. Einen kurzen Moment der Unaufmerksamkeit auf einem Spaziergang , und sie zeriss die Hose und ein blauer Fleck mit Zahnabdrücken zierte die Wade meines Mannes für einige Tage.
Doch es sollte schlimmer kommen.
Eines Tages rief mich ein netter Herr an und bat um einen Besuchstermin im Tierheim. Er wollte eine größere Spende geben, denn- so erklärte er mir: "mit warmen Händen schenkt´s sich besser". Wir alle waren voller Vorfreude und Neugier, wer der edle Spender wohl sein könnte.
Pünklich kam ein freundlicher Herr. Wir führten ihn durchs Tierheim und zeigten ihm die Unterkünfte der Hunde, Katzen, Vögel und Kleintiere. Er war sichtlich begeistert von dem gepflegten Gelände und den freundlichen Tieren.
Es war Sommer, wir saßen zusammen im Gelände, tranken Cafe, aßen Kuchen und plauderten. Um uns herum wuselten die Hunde, sehr zur Freude des Herren.
Anschließend wollten wir ins Büro gehen, wo die Spendenübergabe statt finden sollte. Dann passierte es. Wie ein Teufel schoss Putzi um die Ecke. Das kam so unerwartet und überraschend, dass wir es nicht verhindern konnten. Putzi biss zu- lautlos und heftig. Wums, wieder in die Wade und Hose kaputt.
Kreidebleich stand der Herr da. Wir entschuldigten uns Tausendmal. Erzählten die traurige Geschichte von Putzis Leben. Doch der Herr hörte gar nicht mehr zu. Er betrachtete sein Bein, dann uns der Reihe nach- und ging zum Tor. Und mit ihm die 5000 DM Spende.
Stolz stand Putzi da! "Gut habe ich dass gemacht" stand in ihrem Gesicht. Fort ist er- der Fremde! Fassungslos standen wir da- stumm und entsetzt! Es blieb ein Geheimnis, wie Putzi aufs Gelände kam und mit dem Besuch zusammen traf.
All unsere Pläne, was wir mit dem Geld anschaffen wollten- weg und dahin. Nie haben wir erfahren, wer der Herr war.
Putzi hat viele Jahre im Tierheim gelebt, sie war mein Tierheimhund! Als sie in hohem Alter eingeschläfert werden musste, hat auch sie auf dem Gelände ein kleines Grab bekommen.

 

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