Kapitel 48
 
Deusch - spanisches Hundeschicksal!
 
Ein kleines, verwahrlostes und verfilztes Hundchen wurde mir im Jahre 1999 übergeben.
Das Tier lief in der Nähe der amerikanischen Siedlung in Giessen hilflos und orientierungslos umher.
Wir hatten gerade einen Hund verloren und ich verliebte mich sofort in das schwarze Tierchen. Wir tauften sie auf den Namen Jolly !
Sie war ein süßes Geschöpf, voller Lebensfreude, immer auf Achse und sehr intelligent. Mit ihren sechs Monaten lernte sie sehr schnell! Eines morgens erkannten wir Jolly nicht mehr. Apathisch lag sie in der Ecke, wedelte zaghaft mit der Schwanzspitze und rutschte ermattet in ihr Körbchen.
Uns fiel sofort der Geruch auf, wie ein verwestes Tier! Wir hoben sie aus ihrem Korb und erschreckten uns sehr. Ihre Decke war voll blutigem Durchfall. Der Hund fühlte sich an wie ein "nasser Sack". Sie lag schlaff in meinem Arm! Blut kam tropfenweise aus dem Darm. Ich legte sie in ihr Körbchen- sofort erbrach sie eine gelbliche Flüssigkeit und fing an zu winzeln.
Mir kam ein schlimmer Verdacht- Parvovirose! Ich rief unsere Tierärztin an, die sofort kam und meine vermutete Diagnose bestätigte. Jolly wurde an die Infusion gelegt und bekam ein Medikamentencocktail.
Jeden Tag kam unsere Tierärztin. Ihr Gesichtsausdruck wurde immer bedenklicher! Als dann unser Wintergarten voller Blut war und Jolly zitternd in der Ecke lag, wurde sie stationär in der Praxis aufgenommen. Es stand sehr schlecht um sie und der Zustand verbesserte sich nicht. Unser geliebter Hund hatte es nicht verdient, so so leiden. Wir entschlossen uns schweren Herzens, sie zu erlösen.
Unsere tolle und burschikose Tierärztin bat uns, ihr freie Hand zu lassen. Damals war Parvovirose eine Erkrankung, die oftmals den Tod für die Hunde bedeutete. Frau R. wollte zusammen mit einer Kollegin einen Eingriff vornehmen . Hopp oder top- so ihre Aussage. Wir stimmten zu. Am nächsten Morgen rief uns Frau R. an. Ich hatte große Angst, was sie zuberichten hatte. Sie sagte nur- "holen Sie Ihren Hund ab! Das fehlt noch, dass ich mich beißen lasse! So ein kleines, undankbares Ungeheuerchen!
Vor Freude kamen mir die Tränen- Jolly lebt! In der Praxis angekommen, kam eine völlig beleidigte und grimmig schauende Jolly auf mich zu. Ihr Blick sprach Bände: " Toll, dass Du mich hier vergessen hast! Ich will nach Hause !"
Der arme Hund hatte nach der schweren Erkrankung kaum noch Haare und fror! Ich wickelte sie in eine Decke und fuhr glücklich mit ihr nach Hause. Sie erholte sich sehr schnell, ihre Haare wuchsen, ihrer Blick wurde wieder keck und ihr schelmisches Wesen brachte uns oft zum lachen. Sie strotze nur so vor Übermut und hielt uns auf Trab. Jeder Spaziergang war ein Abenteuer- besonders für uns! Sie konnte so blitzschnell verschwinden, als hätte sie der Erdboden verschluckt. Es gab Spaziergänge, da konnten wir sie nicht von der Leine lassen. Als hätte man auf einen Knopf gedrückt gab sie Gas, rannte dass "die Funken stoben"- und war verschwunden. So mancher Spaziergang endete in Verzweiflung. Und manchmal hätten wir die Kleine "auf den Mond schießen" können.
So wie an einem regnerischen Tag, als wir einen Spaziergang im Feld unternahmen. Aus heiterem Himmel rannte Jolly los und war nicht zu stoppen. Wir sahen sie noch einen Hang hochlaufen- und weg war sie. Wenn sie "spurlaut" wurde wussten wir- Kanichen gefunden! Ihre typischen Belllaute wurde immer heftiger, aber auch immer leiser. Und plötzlich war sie nicht mehr zu hören.
Der Hund kommt ja immer zurück zu dem Ort, wo er weggelaufen ist. Das hatte aber unsere Jolly noch nicht gehört. Sie kam und kam und kam nicht! Jetzt startete Plan zwei! Mein Mann ging zurück zum Auto und fuhr verbotenerweise zum "Wegrennplatz"! Aus Erfahrung wussten wir, dass Jolly zurück kam, wenn sie die Autohupe hörte.
Andere Spaziergänger bleiben erstaunt stehen und beobachteten uns. Da stand ein Auto auf dem Feldweg , zwei Menschen brüllten, pfiffen und hupten! Wer oder was war Jolly- war doch gar keiner da. Weit entfernt sahen wir ein schwarzes Bündel über das lehmige Feld hechten, typische Jagdlaute von sich gebend. Oh nein, vor ihr rannte ein Hase! Wenn es doch wenigstens ein Kaninchen wäre, das wäre ja in seinen Bau geflüchtet.
Mein Mann sah nur einen Ausweg, er musste den schlammigen Weg hoch fahren, um näher an Jolly zu kommen. Hätte er es nur nicht getan!
Nach gefühlten Stunden kam Jolly zurück! Sie war nicht mehr schwarz, sondern hatte dicke, lehmige , braune Klumpen an sich hängen. So schwer, dass sie kaum laufen konnte. Von schlechtem Gewissen keine Spur! Sie freute sich, uns wieder zu sehen!
Wir hatten gerufen- sie war gekommen! Also erwartete Jolly, dass ich sie lobte! Am liebsten hätte ich ihr den Hals nach hinten gedreht! 😉
Ich hob sie ins Auto und versuchte, nicht auszurasten. So wie der Hund, sah auch das Auto aus! Doch es sollte noch schlimmer kommen mit dem Dreck! Wir stiegen ein und wollten los fahren. Da hatten wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht! Der schwere Mercedes Kombi fraß sich sich mit "netten" Tönen tiefer und tiefer in den weichen Boden!
Dann ging nichts mehr! Wir saßen fest! Mein Mann sammelte Reisig und ich sollte schieben! Mit dem Ergebnis, dass der Schlamm nach hinten spritzte und mich panierte! Jetzt sah ich aus wie Jolly! Und diese saß im Auto und schaute dem Treiben zu. Kann mir einer sagen was er will- dieser Hund hatte ein Grinzen im Gesicht.
Was tun? Wer zog unser Auto auf den befestigten Weg? Uns fiel der nette Bauer ein! Nur ein Traktor würde es schaffen. Also taberte mein Mann den ganzen Weg zu Fuß zurück und holte den Bauer und seinen Traktor. Dieser konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, als er das Dilemma sah.
Nach diesem Drama waren wir froh, als wir Zuhause waren und den wohl verdienten Kaffee tranken.
Vorher hieß es Schuhe und Schlammklamotten aus, Hund in die Badewanne, alles sauber machen und Jolly daran hindern, sich im Bett trocken zu rubbeln.
Solche Abenteuer erlebten wir oft! Keine Spur, die Jolly nicht fand. Und kein Risiko, was ihr zu groß war. Und auch kein Gedanke an ihr geplagtes Frauchen! Das Leben mit Jolly würde ein Buch füllen!
Ein Spaziergang rund den Heuchelheimer See war ein Wagnis und endete mit Leinenzwang, als wir dachten, jetzt passiert Jolly etwas. Sie verschwand in einem Fuchsbau und kam lange, lange Zeit nicht mehr heraus.
Wir dachten schon, dass wir die Feuerwehr rufen müssen, als ich Jollys berühmten Jagdtöne hörte. Aber es kam keine Jolly, sondern ein Fuchs, der mit Tempo über die Wiesen flitzte Richtung B 49. Kurz darauf Jolly, die mit ihren kurzen Beinchen ein Wahnsinnstempo drauf hatte. Wir hielten die Luft an, als Fuchs und Jolly den Hang hoch Richtung Fahrbahn liefen. Jetzt ist es aus- wir würden unseren Hund tot vom Giessener Ring holen.
Wir sahen die beiden Sprinter am Rand der Fahrbahn laufen- als der Fuchs abdrehte und über die Wiesen zurück zu seinem Bau wollte. Unermüdlich meinen Hund auf den Fersen!
Jetzt oder nie dachte meine Tochter, lief Jolly entgegen und warf sich auf den Hund! Wir hatten sie wieder- und der Fuchs war verschwunden. Nie mehr durfte sie in dieser Gegend ohne Leine laufen.
Die Krönung ihres Freiheitsdranges und Jagdlust erlebten wir an einem bitterkalten Wintertag. Wir gingen zusammen mit meinem damals fünfjährigen Enkelkind, unserem Pyrenäenberghund Sari und Wilma, dem Hund meiner Tochter, an der Lahn spazieren. Nach einer Stunde waren wir so durchgefroren, dass wir nur noch nach Hause wollten.
Am Auto angekommen stiegen zwei Hunde ins Auto ein. Aber wo war Jolly? Es war schon duster, ein schwarzer Hund schwer zu erkennen. Alles Rufen vergebens. Von Jolly nichts zu hören und nichts zu sehen. Immer wieder gingen wir den Weg zurück und riefen uns die Seele aus dem Hals. Keine Spur und keinen Ton zu hören.
Mein Enkelkind war durchfroren und wollte nur noch nach Hause. Ich blieb und suchte weiter. Dann löste mein Mann mich ab und ich wärmte mich Zuhause auf. Gegen 23 Uhr gaben wir es auf. Wir ließen eine Jacke zurück und fuhren heulend heim. Wir hatten die Hoffnung aufgegeben und befürchteten, dass unser Liebling in der Lahn ertrunken war.
Meine letzte Hoffnung war die Polizei! Ein sehr netter Beamter war am Telefon. Mitten in unserem Gespräch erhielt er eine Nachricht, dass ein Streifenwagen einen kleinen, schwarzen Hund mitten auf der Fahrbahn in Richtung Giessen habe laufen sehen. Bei dem Versuch, das Tier einzufangen, sei es in den Hof einer Gaststätte gelaufen. Dort kümmere man sich um den Hund!
Die Frage, ob der Hund ein lila Geschirr trage, wurde bejaht! Mein Hund war gefunden! Und wie es weiter geht, erzähle ich Euch im nächsten Kapitel.
Das Foto von Jolly mit dem grauen Gesichtchen zeigt sie als Hundeoma, die anderen Fotos mit ihrer Freundin Coco, über die ich im nächsten Kapitel berichte.
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