llse Toth - der Name steht in Stadt und Kreis Gießen für Tierschutz

(Bilder und Text von Franz Maywald)

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GIESSEN - Ilse Toth - der Name ist Programm. Seit Jahrzehnten. Wann immer hierzulande der Tierschutz gefragt ist, hat Ilse Toth eine passende Antwort parat. Ob im Gespräch, in Leserbriefen oder - wie früher - bei "Herrchen gesucht". Selbst im Ruhestand liegt der langjährigen Vorsitzenden des Gießener Tierschutzvereins (TSV) und Gründerin der Tieroase in Heuchelheim das Wohl aller Tiere am Herzen. Die engagierte Tierfreundin gilt in der Öffentlichkeit als temperamentvoll und unerschrocken.

"Verantwortung für und Liebe zum Tier werden einem in die Wiege gelegt", sagt die Frau mit den sanften Augen, in deren Elternhaus Haustiere allerdings kein Thema waren. "Trotzdem waren Nachbars Hühner und Katzen meine Freunde." Selbst Regenwürmer und Käfer ("alles, was gekrabbelt ist") habe sie in Sicherheit gebracht. Mit knapp sechs Jahren hat die kleine Ilse sogar den Aufstand gegen ihre Oma geprobt, die damals einen großen Garten an der Lahn bewirtschaftete. "Als ich einen Eimer mit Petroleum in die Hand bekam, um Kartoffelkäfer abzulesen und hineinzuwerfen, weigerte ich mich." Die Klapse auf den Po, die es dafür setzte, nahm sie in Kauf. Zu einem großen Hund auf dem Kirchenplatz, der als bissig galt und an einer Kette hing, schlich sie sich aus dem nahen Geschäft ihres Opas (Möbel Blum). Rückblickend gibt sie zu: "Ich war ein wildes und oft auch ungezogenes Kind." Diesen Hund zu besuchen, hatte ihr die Oma strikt verboten. Doch Ilse hatte sich längst mit ihm angefreundet. "Um den Klapsen auf den Po zu entgehen, kroch ich zu ihm in die Hütte - und war gerettet."

Ihr Lieblingsspielplatz in den 1970er Jahren waren die Stallungen des Pferdemetzgers Schilling am Marktplatz. Obwohl ihr unter Strafe verboten war, alleine zu den Pferden zu gehen, ließ sie sich davon nicht abhalten. Gleiches galt für den beliebten Treffpunkt in der alten Gießener Brauerei, wo Klein-Ilse von "herrlichen Kaltblutpferden und Jagdhunden" angezogen wurde.

Um endlich selbst einen eigenen Hund zu besitzen, schlossen die Großeltern mit ihr einen Kompromiss. Nur wenn sie von ihrem Taschengeld die Kaufsumme zusammensparen würde, dürfte sie einen Vierbeiner "kaufen". Gegen alle Erwartungen hatte Ilse nach drei Jahren die Summe von 100 DM zusammen. Als Zwölfjährige, das weiß sie noch ganz genau, war sie stolze Besitzerin eines Langhaardackels mit dem klingenden Namen "Janchen vom Bellstrauch". Dass es den sehnlich Herbeigewünschten dann mehr zu ihrer Mutter Johanna Blum hinzog, hatte ein böses Nachspiel. Denn als Ilse mit 14 "zum ersten Mal unsterblich verliebt" war und sich mit ihrem damaligen Schwarm Günter in der Nordanlage bei der Brauerei (wo heute das Arbeitsamt steht, Anm.d.Red.) zum Rendezvous traf, kam es zur "Tragödie": Als ihre Mutter mit Janchen am Treffpunkt vorbeikam, spürte der Dackel das Pärchen auf. Die Mutter gab beiden leichte "Backpfeifen", und "die Liebe war gestorben".

Die Eckdaten von Ilse Toths weiterer Ausbildung lesen sich so: Vier Jahre Grundschule in der Schillerschule, Aufnahme in das damalige Mädchengymnasium Ricarda-Huch-Schule, nach der mittleren Reife ein Jahr Handelsschule und danach ein Jahr auf der Höheren Töchterschule in Berchtesgaden-Schönau, wo Ilse "Haushaltsführung" lernen sollte. Zu jener Zeit sei in vielen Familien darauf geachtet worden, dass die Frauen gute Hausfrauen wurden: "Bis heute nicht mein Ding". Auch dass sie sich ständig einem festen Tagesplan unterordnen sollte, gefiel ihr nicht. Von heftigem Heimweh geplagt und durch Essensverweigerung auf 48 Kilo abgemagert, durfte die junge Gießenerin früher nach Hause.

In einer Münchner Schule wurde sie zur Arzthelferin ausgebildet. "Das war eine schöne, freie Zeit, die zu den schönsten in meinem Leben zählt." Anschließend arbeitete sie bei dem Gießener Hautarzt Dr. Klein und wechselte nach ein paar Jahren auf die Station Pfaundler in der Uni-Kinderklinik. Dass in der damaligen Zeit noch viele Kinder, "die man lange gepflegt hatte", starben, brachte Ilse Toth an den Rand ihrer Belastbarkeit. Als in einer Silvesternacht zeitgleich mit dem Läuten der Mitternachtsglocken ein Mädchen vor ihren Augen verstarb, konnte sie dort nicht länger arbeiten.

Ilse Toth wechselte in das alte Evangelische Schwesternhaus in der Johannesstraße - auf die Neugeborenenstation. "Das war eine wunderbare Arbeit und jedes Mal ein kleines Wunder, wenn ein Menschlein geboren wurde." Zwei Jahre nach ihrer Eheschließung im Jahre 1964 wurde Tochter Nicole geboren. Kurz nach ihrer Scheidung machte Ilse Toth 1971 Urlaub am Plattensee, wo sie ihrem späteren Mann, Janos Toth, begegnete. "Es war die berühmte Liebe auf den ersten Blick." Das folgende Jahr verlief fast wie ein Krimi. Mit Zutaten wie Stasi, Fluchthelfer, Boot und einem Lager in Triest. Noch heute erinnert sich Ilse Toth dankbar an einen "Herrn Schauß vom Ausländeramt", der ihrem in Budapest geborenen Mann die Einreise ermöglichte. Als Janos Toth im neu eröffneten "Bierbrunnen" die Geschäftsführung übernahm, war Ilse jeden Morgen von fünf bis neun Uhr dort tätig. "Nachtschwärmer jeder Art, Taxifahrer, Drucker, Straßenarbeiter, Müllabfuhr waren meine Gäste." Später übernahm ihr Mann die Geschäftsführung in der Gaststätte "Badenburg".

Ein von ihrem Cockerspaniel "Panja" im Schnee aufgespürter Igel war zum Jahreswechsel 1976/77 Ilse Toths Einstieg in den aktiven Tierschutz. Denn als sie den Igel in einem Behelfstierheim im Unteren Hardthof abgab, lernte sie dort Margot Porto kennen, die "unter schrecklichen Umständen" den notdürftig untergebrachten Hunden und Katzen half. Nachdem man die an Staupe erkrankten Tiere ins neu erbaute Tierheim an der Vixröder Straße gebracht hatte, wurden sie von Hanna-Maria Rethorn, die kurz vorher als erste Tierärztin Kontakt zum Tierheim aufgenommen hatte, fast rund um die Uhr geimpft und behandelt. Dann setzte ein defektes Rohr das gesamte Gelände unter Wasser und, und, und ... Katastrophen ohne Ende. "Es fehlte an allen Ecken und Enden, 2000 DM Vermögen, das war mein Beginn im Verein". Drei Jahre später, im Jahr 1983, ließ sich Ilse Toth auf Bitten anderer Vorstandsmitglieder zur Vorsitzenden des TSV wählen und blieb bis 2005 im Amt. "Wenn ich auf diese Zeit zurückblicke, dann bin ich ein wenig stolz auf mich und die wunderbaren Menschen, die mich auf meinem Tierschutzweg begleitet haben, allen voran Frau Rethorn", bilanziert Ilse Toth. Für ihre Verdienste wurde sie mit der höchsten Auszeichnung des Deutschen Tierschutzbundes e.V., der Franz-von-Assisi-Medaille, und mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Besonders stark in Erinnerung behalten hat sie drei Rhesusaffen aus dem Versuchslabor, eine Klapperschlange, die bei einem Mordfall im Gießener Asterweg entdeckt wurde, einen Löwen und einen Puma. Fast alle landeten im Tierheim. Durch den Löwen bekam sie Kontakt mit Tierschützern in Mallorca. "Das war der Beginn des Auslandstierschutzes." Das Gießener Tierheim war Pionier bei der Aufnahme von Hunden aus Spanien. 2005 gründete Ilse Toth mit ihrer Freundin Manina Reitz die Tieroase Heuchelheim.

Zu ihren Hobbys gehörte früher das Reiten, bis ihr das nach einer Verletzung nicht mehr möglich war. Heute verreist das Ehepaar Toth gern, besonders nach Australien, wo die beiden vor Jahren einer riesigen Wasserschildkröte das Leben retten konnten. Fahrradfahren, Flohmarkt-Besuche, um Katzenfiguren aufzustöbern, hessische Altstädte und der Garten an dem vor 32 Jahren in Heuchelheim erworbenen Haus sind weitere Lieblingsplätze von Ilse Toth - häufig umgeben von ihren vier Katzen.

 

   
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