Kapitel 33
 
Im Tierschutz erlebt man viel, Schönes, Trauriges, Lustiges und Schlimmes.
Wenn ich zurück blicke muss ich sagen, die Zeit der aktiven Hundekämpfe waren für mich Horror pur.
Wir Tierschützer haben uns so hilflos gefühlt, so ohnmächtig mit unserem Wissen über diese Greueltagen und so alleine gelassen von allen Behörden. Niemand, aber wirklich niemand hat uns geholfen, diese Schandtaten zu beenden.
Wir wussten Namen der Hundekämpfer, Orte, wo sie sich trafen, um ihre nächsten Hundekämpfe zu organisieren. Und uns war bekannt, wo sie ihre "Übungskämpfe " vorbereiteten.
Alle zuständigen Behörden haben uns angehört- gelaubt hat uns niemand.
Was ich erlebt habe, würde ein Buch füllen. Noch heute rege ich mich auf, dass Jahre vergehen mussten, ehe die Behörden tätig wurden.
Es gibt diesen "traurigen Sport" noch immer. Er ist ins Ausland verlagert.
Dass es in Giessen und Umgebung beendet wurde, haben wir Monitor zu verdanken.
Viele Medien habe ich angerufen und angeschrieben. Außer kurzen Berichten geschah nichts. Recherchiert haben weder die Ämter, noch die Presse. Es war ein heißes Eisen- und die Menschen in diesem Millieu nicht ungefährlich. Da haben sich viele "vornehm" zurück gehalten.
Die Brüder H. aus Marburg brachten mehrmals zerbissene und schlimm zugerichtete Hunde ins Tierheim und erzählten abenteuerliche Geschichten, warum die Hunde so verletzt waren. Wir haben die Tiere retten wollen, sie aufgenommen und keine Fragen gestellt. Das zuständige Veterinäramt wurde verständigt. Und wieder geschah nichts.
Ich wusste ja, wer diese Leute waren und wo sie wohnten. Bis heute frage ich mich, warum der zuständige Amtsveterinär nicht vor Ort kontrollierte und dem schaurigen Geschehen ein Ende bereitete. Was man später dort vorfand, nachdem Monitor tätig wurde, werdet Ihr später erfahren.
Einer dieser Hundekämpfer wurde wegen eines anderen Deliktes fest genommen und bekam anschließend Zeugenschutz. Ins Tierheim kamen seine Pitbulls zur "Pflege"! Ein Rüde, zerbissen, Narben am ganzen Körper, kaum noch Ohren und Schwanz. Ein armes, armes Tier! Dieser Hund war so wirr, dass er auf menschliche Ansprache nicht reagierte. Er war Menschen gegenüber nicht böse, nein, er ignorierte uns einfach. Er sprang gegen die Gitter und Wände des Zwingers und hatte nur eines im Sinn- die anderen Hunde attackieren. Das einzige, was er gelernt hatte. Es war zum heulen.
Die Mutterhündin mit fünf, ca. 6 Wochen alten Welpen, wollten wir in einem Raum unterbringen, den wir kuschlig für die kleine Familie hergerichtet hatten. Uns wunderte schon, dass die Polizei die Tiere in mehreren Boxen brachte. Im Zimmer mussten erleben, was Menschen mit Tieren machen können. Die Mutterhündin biss sofort ihn ihre Welpen. Jetzt war uns klar, warum man deutlich an ihrem Kopf sah, dass sie einen Maulkorb getragen hatte. Schnell brachten wir das Muttertier in einem anderen Raum unter.
Die kleinen Welpen waren für alt genug, alleine zu fressen. Wir stellten eine große Schüssel mit Welpenkost für die Kleinen. Wir waren entsetzt als wir sahen, dass diese Winzlinge zusammen zum Futter gingen, aber dann aufeinander zu stürzten und sich ineinander verbissen. Das konnte doch nicht wahr sein.
Wir wollten sie schnell hoch heben, um Verletzungen zu vermeiden und um sie zu trennen. Diese kleinen Würmchen ließen nicht los, hob man einen hoch, hing der andere fest an seinem Geschwisterchen.
Das Ziel der Hundezucht ist, gesunde, soziale und schöne Hunde zu bekommen, die tolle Familienmitglieder werden. Doch das Ziel der Hundekämpfer war, immer aggressivere Hunde zu züchten. Selektion nach Kampflust! Wir hatten so etwas noch niemals erlebt und auch nicht für möglich gehalten.
Hier lag eine Menge Arbeit vor uns, diese Tiere zu sozialieren unter fachkundiger Anleitung. Doch soweit sollte es nicht kommen. Die Polizei holte die Hunde wieder ab und übergab sie dem uns unbekannten Besitzer. Alle unsere Einwände wurden ignoriert. Es gäbe keinen Grund, die Tiere zu entziehen. Sie würden gut gehalten. Für uns war es ein Schlag ins Gesicht.
Eines Tages erhielt ich einen anonymen Anruf, dass in einer ehemaligen Scheune Probekämpfe statt finden sollten. Mit zwei Mitstreiterinnen beschlossen wir, uns in der Tenne der Scheune zu verstecken. Wir fassten allen Mut zusammen. Oh, hätten wir es doch niemals getan! Es war fürchterlich! Schäferhunde mit Maulkorb wurden aus den Autos gelassen. Dann kamen die Pitbulls- diese armen Hunde, die man zu Bestien gemacht und jedes normale, hündische Verhalten weg gezüchtet hatte. Sie hatten keine Beißhemmung mehr! Sie haben die Schäferhunde zerrissen unter dem lauten Gegröhle dieser widerlichen Männer.
Jetzt war für mich die Zeit gekommen, dass ich etwas tun musste. Nicht nur reden und mit Behörden herumackern.
Ich nahm Kontakt auf mit den Hundekämpfern aus Buseck. Sie waren sehr freundlich und waren bereit, mit mir zu sprechen. Bevor ich einen Ort ausmachen konnte, wo dieses Gespräch statt finden sollte, stand der eine der Brüder V. vor unserem Haus. Ich gab mich cool, obwohl mir das Herz bis zum Halse schlug und bat ihn ins Haus. Ruhig und ohne Gefühl erklärte er mir, dass Hundekämpfe ein Sport seien, wie z. B. reiten, wo es den Pferden ja auch nicht immer gut ging.
Ich hörte mir alles an und fragte ihn, ob er bereit sei, sich mit mir, einem bekannten Journalisten und einem Rechtsanwalt an einem Ort zu treffen, der nicht bekannt gegeben würde. War er!
Uns so trafen wir uns mit Journalist M. W. und Rechtsanswalt Dingeldey sen. (leider verstorben) am Giessener Bahnhof. Herr V. packte aus, schien sich in seiner Rolle als Informant zu sonnen. Uns allen lief eine Schauer über den Rücken über das, was wir hörten.
Zum Abschied riet mir Herr V. noch, mich aus der "Hundekampfgeschichte" heraus zu halten. Sonst bekäme ich noch Salzsäure ins Gesicht.
Es hat mich nicht beeindruckt, jetzt endlich musste alles an die Öffentlichkeit! Und das passierte auch! Monitor meldete sich bei mir. Es war nicht schwer, Herrn V. zu überzeugen, vor der Kamera zu sprechen. An einem anonymen Ort in einer Telefonzelle , mit verzerrten Stimme und nicht erkennbarem Gesicht, packte er aus und erzählte Geschichten, die Gänsehaut erzeugten.
Die Sendung wurde ausgestrahlt- und plötzlich wurden die Behörden tätig.
Es gab eine Hausdurchsuchung bei den Gebrüder H. in Marburg. Was man vorfand war grauenvoll. Und selbst die hart gesotteten Polizeibeamten mussten sich zusammen nehmen. Alle noch lebenden Hunde wurde sicher gestellt. Alle trugen deutliche Zeichen der Hundekämpfe. Gruselig wurde es, als man ca. 50 verbuddelte Hundeleichen in verschiedenen Verwesungsstadien fand.
Warum, warum nur hatte man nicht auf die Tierschützer gehört und hat Jahre verstreichen lassen, bis etwas geschah. Wieviel Leid wäre vielen Hunden erspart geblieben.
Zur Verantwortung wurde niemand gezogen.
Die noch lebenden Hunde wurden in die Polizeihundeschule nach Mühlheim verbracht. Dort hat man sich alle Mühe gegeben, die Hunde zu sozialisieren und evtl. als Diensthunde auszubilden. Es ist nicht gelungen. Die Gleichgültigkeit von Behörden haben die Hunde mit dem Leben bezahlt.
Mein persönlicher Trost war, dass die Tiere durch eine Spritze in den Hundehimmel kamen und nicht im Hundekampf ihr Leben ließen.
Dann erließ Herr Bouffier eine Verordnung.
Und ich wurde angegriffen vom Feinsten.
Über diese Geschichte erzähle ich im nächsten Kapitel.
 
   
© Copyright 2018. All Rights Reserved.